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Tage wie flüssiges Gold

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Als ich an diesem Freitag aufwache, bin ich aufgeregt. In drei Minuten klingelt der Wecker, endlich! Es ist 5:22 Uhr und ich kann es kaum erwarten, aus den Federn und runter zum Strand zu kommen. Zwei Tage zuvor hatte ich bereits einen tollen Sonnenaufgang am Strand beobachtet. Doch was mich heute zu früher Stunde am Meer erwartet, übertrifft all meine Erwartungen.

Zunächst hüpfe ich freudig in Hose und Sweatshirt, pfeife im Kopf ABBAs Dancing Queen vor mich hin, schnappe mir die Kamera und mache mich durch die Dunkelheit auf an die Küste. Unsere Straße liegt in leicht erhöhter Position zum Strand und so ahne ich bereits vor unserer Haustür in der Ferne verhaltene Rot-, Orange- und Gelbtöne, nämlich hinter Ben Buckler Point im Nordosten, wo die Sonne sich am frühesten zeigt. Doch noch liegt das Dunkel der Nacht über South Bondi. In der Myrte über mir raschelt es – eine Fledermaus landet kopfüber im Geäst. Für dieses Nachtgespenst ist bald Schlafenszeit.

Ich lege einen Schritt zu, will auf keinen Fall die ersten Sonnenstrahlen des Tages verpassen und suche mir schließlich ein Plätzchen mit Aussicht auf den Felsen am Coastal Walk.
Dann – plötzlich und unheilverheißend – die Entdeckung, dass ich die Speicherkarte für meine Kamera nicht eingesetzt habe! Kein Problem, rede ich beschwichtigend auf mein panisches Foto-Selbst ein, im Rucksack ist ja noch die Erste-Hilfe-Ersatzkarte! Ich atme tief durch, meine Finger tasten im Dunkeln nach der Karte, da ist sie – Gottseidank! Doch dann: Kartenfehler! WTF!?!
Schnell entscheide ich mich, und noch schneller laufe ich schließlich zurück nach Hause, um die neue Karte, die „gute“ Karte, zu holen. So weit ist es zum Glück nicht. Gesagt, getan und ich haste zurück zum Strand. 6:05 Uhr, immer noch ist es dunkel – alles gut! Aufregung umsonst!

Ich finde zurück zu meinem Platz in den Felsen und warte. Lange kann es nicht mehr dauern, bis die Sonne den Himmel färbt. Ein paar Cirruswolken haben sich bereits am Firmament versammelt. Sie werden einen Großteil dazu beitragen, dass sich das Meer in weniger als einer halben Stunde in flüssiges Gold verwandelt haben wird. Doch noch ist es nicht so weit, zunächst muss die Sonne an Höhe gewinnen. Als sie dies tut, verlasse ich meinen Felsenplatz und trabe weiter zum Meerwasser-Pool der Bondi Icebergs. 

Doch hier ist von verschlafenem Morgen keine Spur: Zu viele Kraulschläge teilen das Wasser auf jeder Bahn, die Schwimmer legen ein ordentliches Tempo vor. Und das zu so früher Stunde – ich bin mal wieder ehrfürchtig und beeindruckt vom Sportsgeist der Sydneysider.

Am Strandzugang treffe ich die „Blokes“ und „Chicks“ von One Wave Is All It Takes, einer farbenfrohen Surf-Initiative gegen Mental Health Issues, die sich von Bondi aus über die ganze Erde hinweg ausgebreitet hat. In Australien, Kalifornien, Mexiko und auf den Malediven etwa surfen und tanzen die Jungs und Mädels in Neonkleidung und witzigen Outfits im Meer und am Strand, machen so auf sich und auf die Thematik psyschischer Erkrankungen aufmerksam. Das Surfen gibt ihnen Kraft, mit der eigenen Erkrankung oder der eines Familienmitgliedes oder Freundes zurecht zu kommen. Und weil fast alles gemeinsam besser geht, treffen sie sich wöchentlich zum Morgen-Surfen, bevor alle gemeinsam Kaffee trinken.

Während ich die Fluro-Freunde beobachtete, hat die Sonne den Himmel vergoldet und mit ihm das Wasser. Endlich! Diese Farben, dieses Glitzern! Wie flüssiges Gold! Unglaublich – ich bin hin und weg! Und so klickt der Auslöser meiner Spiegelreflex nahezu unaufhörlich, die arbeitsreiche Aussicht auf die Fotoentwicklung verdränge ich. Es ist zu schön, fast unwirklich. Könnte ich mich doch nur jeden Morgen um halb sechs aus dem Bett stehlen! 
Ich genieße diese frühen Minuten des Tages ungemein. Und als ich schließlich unter strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel den Strand verlasse und mich auf meinen ersten Kaffee freue, spüre ich statt Müdigkeit reines, goldenes Glück.

3 Kommentare

  1. Unglaublich schön! Und was für ein Glück, dass du in der Nähe wohnst…das mit der Speicherkarte darf ja nicht zwei Mal passieren. 😉

    • Liebe Helen,

      ja, da hast du recht :-) Von jetzt an werde ich immer zwei bis zehn Ersatzspeicherkarten in der Hosentasche haben. Viele liebe Grüße und vielen lieben Dank!

      :-)

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